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Circular Economy & Sustainability: Verbesserungspotentiale in Unternehmen

Circular Economy und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand mit Verbesserungspotentialen in Unternehmen

 

Dr. Heribert Decher in Kooperation mit Stefan Müller

In Zeiten steigender Energiekosten und hoher Kohlendioxidemissionen sind Unternehmen mehr denn je gefordert Maßnahmen zu ergreifen, die einerseits Kosten reduzieren und andererseits langfristig den Verbrauch von Ressourcen auf null senken.

 

Speziell in der Kunststoffverarbeitenden Industrie mit der emotional geführten Debatte über Verbrauch fossiler Energie und einer daraus resultierenden Plastikmülldebatte sind Maßnahmen erforderlich, die Kunststoffe auf den Stand zu heben was sie sein könnten; Rohstoffe mit einer enormen Vielfalt an Eigenschaften, hoher Designfreiheit, einstellbaren mechanischen Eigenschaften, geringem Gewicht und niedrigen Kosten.

 

Die Europäische Union hat ein Problem

 

Allerdings lenkt die emotional geführte Debatte über den Abfall der Produkte von den hervorragenden Materialeigenschaften ab. Um sich eine Vorstellung über die Mengen von Kunststoff zu machen, die in Europa im Umlauf sind, sei auf Initiativen verwiesen, die Kunststoffproduktions- und Abfallmengen erfasst und dokumentiert haben (1,2).

 

Die hier vorgestellten Zahlen sind nicht direkt vergleichbar aufgrund der unterschiedlichen Jahreszahlen und der unterschiedlichen Betrachtungsweise der Studien (Märkte, Materialien), aber eine grundsätzliche Aussage und einen Schluss auf das allgemeine Problem erlauben sie dennoch: So hat die Initiative Reshaping Plastics Europe für 2020 ein Abfallaufkommen von ca. 25 Mio.to. Kunststoff aus den Bereichen Verpackung, Haushalt, Bau und Automobil ermittelt, welches mit einer Rate von ca. 1,1% bis zum Jahr 2030 wächst, also um ca. 12% auf 28 Mio.to.

 

Ein Großteil des Kunststoffabfalls fällt dabei in Deutschland an

 

Die Studie der Fa. Conversio, Stoffstrombild Kunststoffe 2019 ermittelt ein Aufkommen von Kunststoffabfällen in Deutschland (ohne Lacke, Farben, Fasern etc.) von ca. 6,2 Mio.to. im Jahr 2019. Zur Vereinfachung sei angenommen die Zahlen für 2020 haben sich genauso wie der Europäische Markt entwickelt, dann fällt bei genauer Betrachtung der Studien auf, dass in Deutschland 47% des Kunststoffabfalls bereits werkstofflich recycelt wird und 53% energetisch verwertet werden.

 

Im Europäischen Vergleich werden zwar auch annähernd 48% energetisch recycelt, aber mit nur 3,5 Mio.to. mechanischem Recycling von Kunststoffen, was ungefähr der Menge aus Deutschland entspricht, ein enormes Potential zum recyclen von Kunststoffen aus Post Consumer Anwendungen auf Europäischer Ebene bestehen muss. Aus diesem Grund verfolgt die Europäische Union mehrere Initiativen, die an der Ursache und an der Auswirkung dieser Materialverschwendung ansetzen.

 

Die Lösung heißt Circular Economy

 

Die wesentliche Maßnahme, die das Problem in den Griff kriegen muss, ist die Etablierung einer funktionierenden Circular Economy. Eine Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe die so gestaltet wird, dass die Linearität des Systems von der Rohstoffherstellung, über das Produktdesign bis zum Verschrotten oder dem Recycling aufgehoben wird und die Produkte bereits so entwickelt werden, dass sie entweder wiederverwendet oder aber die Rohstoffe nach dem end of life des Produktes wiederverwendet werden können.

 

Das heißt für Entwickler, Designer und Produzenten über die Zeit nach dem Verkauf nachzudenken, da das Produkt durch den Kreislaufgedanken wieder als Rohstoff zum Hersteller zurückkommt. Allerdings reicht die aktuelle Verpflichtung der Rohstoffhersteller und Verarbeiter nicht aus, eine Circular Economy abzubilden, die das EU-Ziel bis 2050 Klimaneutral zu werden unterstützt. Neben den gesetzlichen und freiwilligen Verpflichtungen sind Investitionen in grüne Energien wie grünen Wasserstoff und in neue Herstellungsverfahren für nachwachsende Rohstoffe und effiziente Herstellprozesse der Kunststoffprodukte notwendig.

 

Der Trend zum Handel mit Zertifikaten oder dem Ausgleich der CO2 Emissionen durch Baumpflanzungen wird nicht ausreichen

 

Neben der Etablierung einer Circular Economy im eigenen Unternehmen und dem notwendigen Umbau der Energieversorgung können Unternehmen derzeit an mehreren Stellschrauben arbeiten. Technisch ergeben sich auf Anhieb viele Arbeitsfelder, die Unternehmer unbedingt nutzen sollten. Zum einen die Verbesserung der Prozessabläufe, die Optimierung des Maschinenparks und die Betrachtung der eingesetzten Materialien, mit oder ohne Rezyklat.

 

Darüber hinaus ist der Einsatz von Computergestützten Informationssystemen zur Verarbeitung der zusätzlichen Informationen zu den eingesetzten Rohstoffen und deren mögliche Weiterverarbeitung von zunehmender Bedeutung und die Einbindung der Kunden wird zusätzliche Impulse für die Transformation auf der Verbraucherseite liefern. Entscheidend für die Umsetzung ist, dass es den Unternehmen gelingt die Transformation innerhalb der Belegschaft glaubwürdig zu vermitteln.

 

Dies geschieht mit einem guten Marketing und mit der Darstellung von erfolgreich umgesetzten Projekten innerhalb des Unternehmens und innerhalb der Gemeinde, in der das Unternehmen tätig ist.

 

Nachhaltigkeit beschränkt sich nicht auf das Recycling

Was dies konkret bedeutet und wie eine Umsetzung im Betrieb aktuell aussehen kann, sei anhand einiger Beispiele dokumentiert:

 

Beispiel:

Effizienzsteigerung im Produktionsprozess

 

Durch den zunehmenden Konkurrenzdruck mussten innerhalb eines Kostensenkungsprojektes erhebliche Einsparpotentiale gefunden werden. Durch geschickte Positionierung der Verarbeitungswerkzeuge war eine 30%ige Reduzierung der Zykluszeiten möglich. Darüber hinaus wurden durch neue Computergestützte Ansteuerung der prozessbeteiligten Maschinen die resultierenden Energiekosten um 20% reduziert, so dass für die gleiche Ausbringungsmenge an Produkt ca. 40% Energie und entsprechende Produktionskosten eingespart werden konnten. Nützlicher Nebeneffekt bei der Darstellung der Effizienzsteigerung war die interne Feststellung, dass durch Effiziensteigerungen keine Arbeitsplätze verloren gehen, sondern gehalten werden können.

 

Beispiel:

Neue Fertigungsprozesse

 

Produktentwicklung vor dem Hintergrund des effizienten Einsatzes von Rohstoffen nimmt die ganze Wertschöpfungskette in den Blick. So nutzt ein Hersteller von Kundenspezifischen Lösungen eine additive Fertigungsmethode, um Schweißteile durch additiv gefertigte Komponenten zu ersetzen. So kann die Mindestabnahmemenge des Lieferanten für spezielle Baugruppen umgangen und hohe Lagerkosten reduziert werden und die Baugruppen werden on Demand gefertigt, was den Verbrauch an Rohstoffen reduziert und den Ausstoß von Treibhausgasen senkt. Darüber hinaus können so die Lieferzeiten des Herstellers signifikant reduziert werden.

 

Beispiel:

Ökodesign

 

Generell ist die Strategie leichtere Materialien zu verwenden für einen verbesserten Umweltschutz in jeder Phase der Nutzung von Vorteil. So sind bei der Verwendung von leichten Textilien ohne Schwerbeschichtung für Digitaldruckanwendungen sowohl die Transportkosten reduziert als auch die Montage- und Befestigungskosten deutlich geringer. Aufgrund der fehlenden Schwerbeschichtung, die meist aus PVC, manchmal auch aus anderen Kunststoffen hergestellt wird, ist das recyclieren der Polyesterfasern deutlich einfacher. So werden Transport und Fertigungskosten und somit Emissionen gesenkt und das Material kann in den Werkstoffkreislauf zurückgeführt werden. Durch Einbindung des Kunden, der eine Gutschrift auf die nächsten Lieferungen erhält, wenn er das Material zum Hersteller zurückbringt, ist sowohl der Recyclatkreislauf geschlossen als auch die Kundenbindung gestärkt.

 

In allen oben genannten Beispielen wurde der gesamte Produktlebenszyklus auf seine Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit hin untersucht und es wurde versucht in allen Stufen vom Produktdesign, bis zur Wiederverwertung nachhaltigere Lösungen zu etablieren.

 

Ziel dieser Entwicklung ist eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren, in der in allen Stadien an die nächste Verwendung und die Reduzierung von Emissionen gedacht wird. Unterstützung erfährt diese Vorgehensweise durch IT gestützte Systeme und Methoden. So werden die Emissionen, die ein Produkt über den gesamten Lebensweg insgesamt emittiert durch eine Life Cycle Analyse (LCA) berechnet. Die gewonnenen Erkentnisse fließen direkt in die Entwicklung der neuen Produkte ein.

 

Nur so können die Schritte mit dem größten Einsparpotential entsprechend vorhergesagt werden und entsprechende Maßnahmen zur Reduktion, zur Wiederverwertung oder zum Recycling eingeleitet werden. Nicht immer kann derzeit das werkstoffliche Recycling realisiert werden, noch die Emissionen signifikant gesenkt werden, aber häufig können Maßnahmen ergriffen werden, die zumindest ein Ziel des Nachhaltigen Wirtschaftens erreichen und fast immer die Kosten des Unternehmens positiv beeinflussen.

 

 

Über den Autor

 

Dr. Heribert Decher ist ein Experte für die Reorganisation und Neuausrichtung mittelständischer Unternehmen mit den Schwerpunkten Kunststoffverarbeitung, Beschichtung und Technische Textilien. Als erfahrener Business Executive hat der Interim Manager mehrfach Unternehmen aus der Krise geführt und mit effizientem Prozessmanagement nachhaltig erfolgreich gemacht. Einen besonderen Schwerpunkt bildet die Einführung und Verbesserung von Environmental Social Governance (ESG). Er integriert Nachhaltigkeitsaspekte und implementiert Kreislaufwirtschaft und Recyclingkonzepte in die Unternehmen.

 

Branchen: Medizintechnik, Automobilzulieferer, Folienherstellung, Kunststoffbeschichtung, technische Textilien, Kunststoffverarbeitung, temporäre Gebäude

 

Besondere Schwerpunkte:

 

  • Interim CEO oder GF in der Kunststoffverarbeitung, Technische Textilien, Beschichtung
  • Einführung und Optimierung von Environmental, Social, Governance Themen (ESG), Circular Economy
  • Reorganisation und Neuausrichtung von KMU der Kunststoffindustrie, Kostensenkung und Effizienzsteigerung
  • Projektmanagement, Produktentwicklung, Strategieentwicklung